Mit dieser nicht allzu täglichen Rechtsfrage hatte sich aktuell das Amtsgericht Hagen zu beschäftigen (AG Hagen, Beschl. v. 06.06.2025, Az. 66 Gs 733/25).
Schon in der Fahrschule lernt man das Standardprozedere im Falle eines Unfalls: stehen bleiben, sich über Folgen des Unfalls vergewissern, Feststellungen zur eigenen Person ermöglichen und ggf. Polizei und Rettungskräfte hinzuziehen. Die Frau im hier zugrunde liegenden Fall tat nichts davon.
Was war passiert? Eine Frau ist mit ihrem Pkw durch Iserlohn gefahren, als sie gegen Mittag einen auf der Straße liegenden Leichnam eines Verstorbenen überfuhr. Zur Klarstellung: Die Frau trug am Versterben der Person keine Schuld, überfuhr aber (wohl versehentlich) den Leichnam. Anschließend entfernte sich die Beschuldigte vom Unfallort, ohne Feststellungen zu ihrer Person oder zu der Art ihrer Unfallbeteiligung zu ermöglichen.
Erfüllt dies den Straftatbestand „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“?
Die Staatsanwaltschaft nahm diesen Tatverdacht einer strafbaren Unfallflucht an und beantragte die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis. Diesen Antrag wies das Amtsgericht Hagen jedoch zurück.
Nach § 142 StGB setzt das unerlaubte Entfernen vom Unfallort das Vorliegen eines „Unfalls im Straßenverkehr“ voraus. Ein solcher Unfall wird als jedes plötzliche, mit den typischen Gefahren des Straßenverkehrs ursächlich zusammenhängendes Ereignis definiert, durch das ein nicht nur belangloser Fremdschaden verursacht wird. In diesem Fall gab es – so die Auffassung des Hagener Gerichts – jedoch keinen Schadenseintritt im erforderlichen Rechtssinne, da eine Leiche keinen Sachwert repräsentiere. Auch eine Verletzung des Pietätsempfindens der Angehörigen stellt nach dem Hagener Gerichtsbeschluss keinen Schaden im Rechtssinne dar.
Fazit: Die Frau durfte ihren Führerschein erstmal behalten. Die Entscheidung aus Hagen betraf jedoch erstmal nur die Frage der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis.
Wieso man eine auf der Straße liegende Person nicht bemerkt, darüberfährt und dann auch noch wegfährt, erschließt sich jedoch nicht.
Vivien Tzelepis, LL.M., Rechtsanwältin u. Fachanwältin für Strafrecht und Minari Cathrine Holloway, Studentin der Rechtswissenschaften
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