• Strafrecht

Blutabnahme als körperliche Untersuchung i.S.d. § 81a StPO- verhältnismäßige Ermittlungsmaßnahme vs. Recht auf körperliche Unversehrtheit

Foto: © Akram Huseyn (https://unsplash.com)

Bei Straftaten im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln ordnen ermittelnde Behörden oft körperliche Untersuchungen in Form der Blutabnahme zum Nachweis eines Alkohol- oder Drogenkonsums an. Solche Maßnahmen sind i.d.R. mit Eingriffen in Grundrechte verbunden und nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.

Die Staatsanwaltschaft Ravensburg führte ein Ermittlungsverfahren wegen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

Am 06.10 2023 wurde bei der Leerung eines Postkasten 23 Luftpolsterumschläge, die Betäubungsmitteln beinhalteten, sichergestellt. Darunter befand sich auch ein an die damalige Wohnanschrift des Beschuldigten adressiertes Einschreiben mit 49.73 Gramm Marihuana als Inhalt.

Am 19.03.2024 ordnete das Amtsgericht Ravensburg eine Wohnungsdurchsuchung des Beschuldigten an.  Daneben wurde zugleich die körperliche Untersuchung des Beschuldigten mit Entnahme und Untersuchung einer Blutprobe zum Nachweis von Substanzen, deren Erwerb und Besitz nach dem Betäubungsmittelgesetz nicht erlaubt sind, angeordnet.

Am 01.07.2024 hat der Beschuldigte durch Schriftsatz seines Verteidigers Beschwerde gegen den Durchsuchungsbeschluss und die Anordnung der Blutabnahme eingelegt. Der Durchsuchungsbeschluss soll rechtswidrig gewesen sein, da dieser nicht unterschrieben war. Die Anordnung der Blutabnahme sei ebenfalls rechtswidrig erfolgt, da es an einem Kausalzusammenhang zwischen der Maßnahme als Beweismittel und der Tatbestandsverwirklichung fehle.

Der Sachverhalt wurde dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt, welches zunächst feststellte, dass sowohl die Wohnraumdurchsuchung als auch die körperliche Durchsuchung mit schwerwiegenden Grundrechtseingriffen verbunden und somit nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sind. Die Beschwerde in Bezug auf die Anordnung zur Durchsuchung des Wohnraums hatte jedoch keinen Erfolg. Die Durchsuchungsanordnung sei formell und materiell rechtmäßig. Bei dem nicht unterschriebenen Beschluss handle es sich lediglich um eine Beschlussausfertigung der Staatsanwaltschaft, während sich der originale Beschluss im Ermittlungsorder der Polizei befände.  Zudem reiche für die Zulässigkeit einer solchen Durchsuchung der auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden sei und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer der Tat in Betracht kommt.

Anders sah es das Landgericht bei der Beschwerde in Bezug auf die Anordnung zur körperlichen Untersuchung. Nach § 81a Abs. 1 S. 1 StPO darf Zweck einer solchen Untersuchung nur die Feststellung verfahrenserheblicher Tatsachen sein, für deren Vorliegen bestimmte Anhaltspunkte bestehen. Das Gericht verneinte dies im konkreten Fall. Zweck der körperlichen Untersuchung mit Blutabnahme ist der Nachweis von Substanzen im Körper, was wiederum Hinweise auf das Konsumverhalten eines Beschuldigten gibt. Die durch Anordnung vom 12.04.2024 veranlasste Blutprobe ließe jedoch keine Rückschlüsse mehr zu, da der Konsum von Cannabis, wie auch von anderen Betäubungsmitteln, grundsätzlich nur für einen Zeitraum von maximal ein paar Tagen nachweisbar ist.  Die Anordnung erfolgte allerdings erst ca. 6 Monate, nachdem das Marihuana beinhaltendes Einschreiben aufgefunden wurde und lässt damit keinerlei Rückschlüsse zu, ob der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt regelmäßigen Umgang mit Betäubungsmitteln und Cannabis pflegte und ein Zusammenhang mit der ihm zur Last gelegte Tat bestand.

Vivien Tzelepis, LL.M., Rechtsanwältin u. Fachanwältin für Strafrecht und Minari Cathrine Holloway, Studentin der Rechtswissenschaften

 

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